Österreichische Adipositas Gesellschaft
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Österreichische Adipositas Gesellschaft

Was ist Adipositas?

Podcast: Adipositas – Warum werden wir immer dicker?

Oder wie wir am besten dieser Epidemie des 21. Jahrhunderts begegnen.

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Adipositas (umgangssprachlich als Fettleibigkeit bekannt) ist eine anerkannte, chronische aber behandelbare Erkrankung, die ein weltweites Gesundheitsproblem darstellt und mit einem Übermaß an Körperfett charakterisiert ist. Sie wird durch Lebensstil-, hormonelle, genetische und umweltbedingte Faktoren verursacht. Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 kg/m2 spricht man nach den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Adipositas.

Wie wird das Gewicht kategorisiert?

Ein Übermaß an Körperfett ist nicht so einfach zu messen. Daher wird als Maß der BMI herangezogen, indem das Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße gesetzt wird. Der BMI wird berechnet, indem man das Gewicht durch das Quadrat der Größe (in Meter) teilt (kg/m²). Der BMI ist kein Prozentsatz des Körperfetts und auch nur Teil der Diagnose von Adipositas. Von Normalgewicht spricht man zwischen einem BMI von 19 und 25 kg/m2.

Übergewicht
Ein BMI zwischen 25 und 29,9 kg/m2 stellt ein gesundheitliches Problem dar, da das Übergewicht den Körper belastet. Menschen mit einem BMI in diesem Bereich und anderen Gesundheitsproblemen (z.B. Typ-2-Diabetes oder Herzerkrankungen) sollen sich nach Behandlungsmöglichkeiten bei ihrer/m Ärztin/Arzt erkundigen.

Adipositas
Adipositas ist eine Krankheit, bei welcher der BMI einer Person in einem ungesunden Bereich  30,0-39,9 kg/m2 liegt. Es ist eine Krankheit, die zu anderen Gesundheitsproblemen führen kann. Betroffene sollen mit ihrer/m Ärztin/Arzt sprechen, um Adipositas besser zu verstehen und zu behandeln.

Schwere Form der Adipositas
Personen mit einem BMI über 40 kg/m2, leiden an einer schweren Form der Adipositas und haben somit das größte Risiko für andere Gesundheitsprobleme. Betroffene sollen sich bei ihrer/m Ärztin/Arzt nach Behandlungsmöglichkeiten erkundigen.

Ursachen der Adipositas

Grundsätzlich entsteht Adipositas wenn die Energiezufuhr den Energieverbrauch über einen längeren Zeitraum übersteigt. Diese Energiebalance ist von vielen Faktoren geprägt. Lebensgewohnheiten wie Ernährungsverhalten und körperliche Aktivität, die psychische Situation, Stresspegel, Genetik, Hormone, die Menge und die Qualität des Schlafs, Medikamente und die Umwelt können alle eine Rolle bei der Entstehung von Adipositas spielen. Die Ergebnisse von Zwillingsstudien legen nahe, dass Adipositas in etwa 70-80% der Fälle auf genetische Ursachen zurückzuführen ist. Allerdings ist derzeit noch unklar, wie viele Gene (ca. 100 sind bislang bekannt) tatsächlich an der Entstehung von Adipositas beteiligt sind und auf welche Weise. Die Entwicklung im Mutterleib hat ebenfalls einen Einfluss auf das Gewicht. Ist die Mutter übergewichtig oder entwickelt sie Diabetes während der Schwangerschaft (sogenannter Gestationsdiabetes) können auch die Kinder zu groß und zu schwer zur Welt kommen. In Folge ist das Risiko für Adipositas im weiteren Lebensverlauf erhöht. Zudem wehrt sich der Körper auch gegen einen Gewichtsverlust. Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte war es für die Menschen schwierig, genug zu essen zu bekommen, so dass die Menschheit genetisch gegen Gewichtsverlust und für eine Gewichtszunahme programmiert ist.
Energie-Gleichgewicht

  • Ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr (durch Nahrungsaufnahme) und Energieverbrennung (körperliche Aktivität) kann zur Gewichtszunahme führen
  • Lange Pendelfahrten und Schreibtischjobs erschweren den Zugang zu körperlicher Aktivität
  • Nicht überall besteht die Möglichkeit zum Laufen, Radfahren oder Spazierengehen
  • Kleine Phasen erhöhter körperlicher Aktivität während des Tages können von Vorteil sein

Appetitsignale bzw. Hormone

  • Der Körper verfügt über Hormone, die mitteilen, ob man hungrig oder satt ist
  • Die Hormone, welche Hunger und Sättigung signalisieren, funktionieren bei Personen mit Adipositas nicht immer richtig

Genetische Faktoren

  • Gene können bestimmen, ob ein erhöhtes Risiko für Adipositas besteht
  • Diese Gene zu haben, ist kein Grund, das Abnehmen aufzugeben; schon eine Gewichtsabnahme von nur 5% des Ausgangsgewichts kann die allgemeine Gesundheit verbessern

Psychologische Faktoren

  • Stress und die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol können die Entstehung von Übergewicht begünstigen
  • Psychische Erkrankungen wir Depressionen sind ebenfalls häufig mit Übergewicht und Adipositas assoziiert

Schlafentzug

  • Einige Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und dem Körpergewicht
  • Menschen mit chronischen Schlafmangel neigen eher zur Gewichtszunahme

Verschreibungspflichtige Medikamente

  • Einige verschreibungspflichtige Medikamente können eine Gewichtszunahme von bis zu mehreren Kilogramm pro Monat verursachen
  • Die Einnahme dieser Medikamente sollte nicht beendet werden, bevor nicht mit der/dem behandelnden/m Ärztin/Arzt andere Möglichkeiten besprochen wurden

Umweltfaktoren

  • Man ist umgeben von Werbung, Plakaten und Bildern, die den Konsum von kalorien- und fettreichen Nahrungsmitteln und Getränken fördern
  • Es gibt auch Gebiete wo es wenig oder gar keinen Zugang zu frischen und gesunden Nahrungsmitteln gibt

Welche Risiken sind mit Adipositas verbunden?

Übergewicht kann den ganzen Körper belasten. Mehr als 50 Gesundheitsprobleme stehen im Zusammenhang mit Übergewicht und Adipositas. Bei diesen Gesundheitsproblemen handelt es sich um Krankheiten und Zustände, die die Lebensqualität einschränken können und die allgemein als adipositasbedingte Zustände bezeichnet werden. Es ist wichtig mit der/dem behandelnden/m Ärztin/Arzt über diese Erkrankungen zu sprechen.
Nicht jede Person mit Adipositas wird jede Erkrankung, die mit Adipositas in Zusammenhang steht, entwickeln. Je mehr Gewicht jemand zu tragen hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich adipositasbedingte Erkrankungen entwickeln. Ein frühzeitiges Erkennen und Behandeln ist deshalb für die allgemeine Gesundheit essentiell. Eine Gewichtsabnahme von nur 5-10% kann die Auswirkungen der mit Adipositas zusammenhängenden Erkrankungen verringern.
Nachstehend ist eine Liste der Erkrankungen, die mit Adipositas in Zusammenhang gebracht werden:

  • Krebs: Bei Krebs handelt es sich um das unkontrollierte Wachstum abnormaler Zellen, die aus normalen Geweben mutiert sind. Diese Zellen verhindern die normale Funktion lebenswichtiger Organe und schädigen dadurch lebenswichtige Systeme. Neuere Studien legen nahe, dass bei Personen mit einem BMI von mehr als 40 kg/m2 (schwere Form der Adipositas) die Sterblichkeitsrate an Krebs höher liegt als bei Normalgewichtigen.
  • Diabetes: Diabetes ist durch einen hohen Zuckergehalt im Blut gekennzeichnet. Vor allem Typ 2 Diabetes ist mit Adipositas vergesellschaftet und ist die Folge einer Insulinresistenz, d.h. das Insulin wirkt im Körper nicht mehr ausreichend um den Blutzucker in die Zellen aufzunehmen.   
  • Erkrankung der Gallenblase: Zu einer Gallenblasenerkrankung gehören Entzündungen, Infektionen, Steine oder ein Verschluss der Gallenblase.
  • Sodbrennen: Sodbrennen ist ein schmerzhaftes Brennen in der Speiseröhre, direkt unterhalb des Brustbeins und kann durch den Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (Reflux) bedingt sein.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankung: Herz-Kreislauf-Erkrankung ist jene Störung, die die Fähigkeit des Herzens, normal zu funktionieren, beeinträchtigt. Die häufigste Ursache von Herz-Kreislauf-Erkrankung ist die Verengung oder Verstopfung der Koronararterien, die das Herz mit Blut versorgen.
  • Hoher Cholesterinspiegel: Fettstoffwechselstörungen liegen vor, wenn überschüssige Fettstoffe im Blut vorhanden sind, wie z.B. Cholesterin und Triglyzeride.
  • Hoher Blutdruck: Der Blutdruck wird in Millimeter Quecksilber (mmHg) gemessen. Hypertonie (Bluthochdruck) liegt vor, wenn der Blutdruck häufig über 140/90 mmHg steigt.
  • Osteoarthritis: Osteoarthritis ist eine chronische Erkrankung, die eine Verschlechterung des Gelenkknorpels (die weicheren Teile der Knochen, die ihre Verbindungen untereinander abfedern) und die Bildung von neuem Knochen an den Gelenkrändern verursacht.
  • Psychologische Depression: Eine Depression kann als traurig, unglücklich, elend oder niedergeschlagen beschrieben werden. Die meisten von uns fühlen sich irgendwann einmal für kurze Zeit auf diese Weise. Eine echte klinische Depression ist jedoch eine Stimmungsstörung, bei der Gefühle der Traurigkeit, des Verlusts, der Wut oder der Frustration für längere Zeit den Alltag stören.
  • Schlaf-Apnoe: Schlafapnoe ist ein Zustand, der durch Episoden von Atemstillständen im Schlaf gekennzeichnet ist.
  • Schlaganfall: Ein Schlaganfall tritt auf, wenn ein Blutgefäß (Arterie), das das Gehirn mit Blut versorgt, platzt oder durch ein Blutgerinnsel blockiert wird. Innerhalb weniger Minuten werden die Nervenzellen in diesem Bereich des Gehirns geschädigt, und sie können innerhalb weniger Stunden absterben. Dies hat zur Folge, dass der Teil des Körpers, der von dem geschädigten Hirnabschnitt kontrolliert wird, nicht mehr richtig funktionieren kann.

Welche Behandlungsmöglichkeiten sollten in Betracht gezogen werden?

Um Adipositas effektiv zu behandeln, besteht der erste Schritt darin, zu identifizieren, welche Ursachen eine Rolle spielen – diese Ursachen variieren von Mensch zu Mensch – und wie einige der Probleme angegangen werden können. Behandlungspläne sollten für jedes Individuum erstellt werden und eine frühzeitige Behandlung ist demnach am besten. Die/der behandelnde/r Ärztin/Arzt spielt eine wichtige Rolle bei der Gewichtskontrolle.

Änderung des Lebensstils
Die alltäglichen Entscheidungen umfassen alle Verhaltensweisen, vom Schlafen bis zum Mittagessen und ob man die Stufen oder den Lift nimmt. Sie fügen sich wie Puzzleteile zum individuellen Lebensstil zusammen. So kann ein gesunder Lebensstil aussehen: Auswahl gesunder Nahrungsmittel, ausreichend schlafen, Austausch mit anderen Betroffenen und Spaziergänge mit der Familie oder Freunden. Ziel ist es, sich auf überschaubare Änderungen zur Verbesserung der Gesundheit zu konzentrieren. Wichtig ist, dass man sich nicht entmutigen lässt. Eine Gewichtsabnahme von nur 5-10% kann den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern. Es wird Zeit brauchen und es können vielleicht auch Rückschläge auftreten, aber die gesundheitlichen Vorteile sind beträchtlich.

Änderung der körperlichen Aktivität
Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Faktor beim Umgang mit Adipositas. Wichtig ist regelmäßige Bewegung insbesondere Ausdauertraining, aber auch Krafttraining. Beim Erstellen eines Plans für Bewegung und körperliche Aktivität, sollte Folgendes beachtet werden: Es soll einfach und realistisch sein und Spaß machen.

Änderung der Ernährung
Essgewohnheiten zu ändern, kann schwierig sein. Wir sind umgeben von Nahrungsmitteln und Speisen mit hohem Kalorien-, Zucker- sowie Fettgehalt und einem niedrigem Nährwert. Zu wissen, welche Nahrungsmittel für eine gesunde Ernährung auszuwählen sind, kann ebenfalls schwierig sein. Nicht-klinische und klinische (medizinische) Möglichkeiten zur Gewichtskontrolle sind Wege, um Hilfe zu erhalten und mehr über gesunde Ernährung zu erfahren. Dabei können vor allem Diätolog/innen behilflich sein.

Nicht-klinisches Gewichtsmanagement
Diese Programme reichen von Büchern und Websites bis hin zu Gewichtsabnahmeprogrammen oder Selbsthilfegruppen. Es ist wichtig, die richtige Wahl zu treffen und mit der/m medizinischen Betreuer/in bzw. Ärztin/Arzt darüber zu sprechen.

Klinisches Gewichtsmanagement
Ein/e Ärztin/Arzt, die/der auf Adipositas spezialisiert ist, kann ein klinisches Gewichtsmanagementprogramm anbieten. Weitere Gesundheitsdienstleister können Teil des Programms sein: Dazu zählen unter anderem Diätolog/innen, Ernährungswissenschafter/innen, Psycholog/innen, Trainer/innen oder Physiotherapeut/innen, Krankenschwestern oder Krankenpfleger etc. Diese Programme konzentrieren sich vor allem auf Änderungen des Lebensstils, können aber auch zugelassene Medikamente zur Gewichtskontrolle umfassen. Der Erfolg setzt ein Engagement für das Ziel, die Gesundheit zu verbessern, voraus. Darüber hinaus besteht ab einem BMI von 40 kg/m2 oder ab 35 kg/m2 und Begleiterkrankungen (z.B. Typ-2-Diabetes) die Möglichkeit einer operativen Behandlung (z.B. Magenbypass).

Weitere Informationen auf Englisch:
https://easo.org/obesity-is-a-chronic-disease/
https://easo.org/education/about-obesity/
https://youtu.be/PVzPmmYkZt8
https://www.obesityaction.org/get-educated/understanding-your-weight-and-health/what-is-obesity/
https://obesitycanada.ca/understanding-obesity/

Autorin: Maria Wakolbinger


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